Wörwag: Heimspiel für Dr. Achim Gast Heimspiel für Gast

Heimspiel für Gast

Eine zukunftsfeste Produktion liegt Dr. Achim Gast am Herzen. Im Zuge der Erweiterung und Modernisierung des Wörwag-Stammwerks sucht der technische Geschäftsführer verstärkt den Austausch mit den Mitarbeitern.

Schon im Büro knöpft Dr. Achim Gast den weißen Kittel zu. Dann hält er seine Schutzbrille gegen das Licht, prüft die Sicht, setzt die Brille auf. Wörwags technischer Geschäftsführer ist ein gewissenhafter Mensch. Und hat die Zukunft fest im Blick.

Jene Zukunft, die im Stammwerk in Zuffenhausen peu à peu Einzug hält. Zahlreiche Baustellen zeugen von der Veränderung. Da dieser Wandel bei etlichen Mitarbeitern Skepsis hervorruft, sucht Gast derzeit mit ihnen vermehrt das Gespräch. Heute schaut er bei Uwe Tänzlers Team an der Mischmaschine vorbei.

Technik im Detail

Technik im Detail: Dr. Achim Gast und Gregor Hruby diskutieren an der Mischmaschine.

„Ich versuche, regelmäßig in den Produktionsabteilungen zu sein“, bestätigt Gast, während er im Verwaltungsgebäude die Treppe hinunterläuft.

Er benutzt den Handlauf. Nicht, weil Hinweisschilder es fordern, sondern weil er in Sachen Sicherheit Vorbild sein möchte. Der 55-Jährige ist viel unterwegs, auch auswärts. Allein 2017 reiste er sieben Mal unter anderem in die USA und nach China. In Deutschland pendelt er zwischen Renningen, Korntal-Münchingen und Stuttgart.

Überall präsent zu sein, kostet Zeit. „Viele Mitarbeiter würden mich gerne öfter sehen. Aber ich muss alle unsere Standorte unter einen Hut bringen.“ Hier im Stammwerk absolviert er ein Heimspiel. Zur Mischmaschine geht es quer über den Hof.

Das Team Tänzler begrüßt den Chef freudestrahlend. Jedem der sechs Kollegen schüttelt er die Hand. Eine Herrenrunde. Nicht ganz repräsentativ, denn immerhin ein Viertel der Belegschaft bei Wörwag ist weiblich.

Die Abteilung stellt nach Kundenwunsch Lacke für Karosserien und Anbauteile zusammen. Wen wundert es da, dass die Herren prompt auf das Thema Auto zu sprechen kommen! „Wenn ich über einen Parkplatz laufe, inspiziere ich die Lackierungen der Fahrzeuge und schaue, ob das Produkt von uns stammt“, sagt Töner Andreas Bleck und fragt: „Tun Sie das auch, Herr Gast?“ „Ja, durchaus“, sagt der Geschäftsführer lächelnd.

„Es ist immer schön zu sehen, dass die Mühe, die wir uns machen, auf dem Auto sichtbar wird – in einem tollen Finish.“ Allgemeines Nicken.

Die Abteilung Mischmaschine agiert als schnelle Eingreiftruppe. „Wir können einen Lack innerhalb von zwei Stunden nach Kundenspezifikation produzieren“, erklärt ihr Leiter Uwe Tänzler.

Gemischt wird in Mengen von fünf bis 500 Kilogramm. Um den gewünschten Farbton zu erhalten, setzt die Maschine standardisierten Stammlacken Tönpasten hinzu. Der Auftrag ist im System hinterlegt, die Pasten werden vollautomatisch dosiert.

Ganz ohne Handgriffe geht es trotzdem nicht. Die perfekte Farbe verlangt nach wie vor nach der Erfahrung der Töner. Das gilt auch für die nächsten Schritte: Viskosität einstellen, Rühren, Probelackieren, Abfüllbelege ausstellen, der Abfüllerei übergeben, fertig.

„Auf dem Weg in die Zukunft müssen wir die Menschen mitnehmen.“

Wörwag: Farbe im Spiel

Farbe im Spiel: Gast schaut Andreas Bleck beim Anrühren des Signalrots über die Schulter.

Eine Abteilung nach Gasts Geschmack, verbindet sie doch Handwerkskunst mit modernster Technik. Diese Kunst bringt Lösungen hervor, die es so nur bei Wörwag gibt.

„Uns zeichnet aus, dass wir ein Stück weit das Unmögliche möglich machen. Das gilt es zu erhalten. Deshalb müssen wir die Produktion auch hier in Zuffenhausen fit für die Zukunft machen, Stichwort Digitalisierung. Hierfür schaffen wir durch Umbauten gerade den nötigen Platz.“

„Kennzahlen zeigen, ob es gut läuft und wo es eventuell klemmt.“

Gast blickt in die Runde. Sein Wort hat Gewicht. Nicht nur, weil er Geschäftsführer ist.

Der promovierte Chemiker bringt es auf zwei Jahrzehnte Erfahrung in der Entwicklung und im Vertrieb von Lacken. Er weiß, wie der Wettbewerb tickt. Weiß, dass man sich in Zuffenhausen von mancher liebgewonnenen Tradition verabschieden muss. „Mir ist wichtig, die Menschen auf dem Weg in die Zukunft mitzunehmen.“ Schließlich gehe es nicht darum, dass künstliche Intelligenz Personal ersetze.

Vielmehr werde sie die Arbeit erleichtern und die Produktivität steigern. Neben Gast steht Gregor Hruby, ebenfalls Töner, an der Mischmaschine. Er pflichtet seinem Chef bei. „Die Online-Unterstützung ist schon eine feine Sache. Ich muss nur die Auftragsnummer eingeben, den Rest erledigt der Computer“, erklärt er, deutet auf den Bildschirm und gibt eine Reihe Zahlen ein.

Mit denen beschäftigt sich auch Gast gerne und ausgiebig. „An Kennzahlen lesen wir ab, wie es in einer Abteilung läuft und wo es möglicherweise klemmt.“ Geschäftsführer und Abteilungsleiter haben sich unterdessen an die Visualisierungstafel begeben. Hier besprechen sich Tänzler und Team jeden Morgen, messen das Ist am Soll. „Das Shopfloor-Management eignet sich bestens, um Arbeitsabläufe zu beziffern und alle Beteiligten auf denselben Stand zu bringen“, sagt Tänzler.

Hinter der Tafel geht es allerdings weniger um Gleichstand. Dort ermitteln die Kollegen in den Pausen die Tagessieger im Tischfußball. „Herr Gast, wie wär’s?“ Der Chef lässt sich nicht zweimal bitten. Wer weiß, wann er wieder Zeit für ein Heimspiel hat…

 

Text: Thorsten Schönfeld

Fotos: Florian Imberger