Wörwag kann auch richtig bunt. Mit Feuereifer bewarfen sich die Kollegen nach der strengen Choreographie mit wasserlöslichen Fingerfarben. ©Rafael Krötz Manche mögen’s weiß

Manche mögen’s weiß

Pulverlack zur Beschichtung weißer Ware wie Waschmaschinen oder Kühlschränke ist ein Massenprodukt. Doch Wörwag gelingt es, sich mit individueller Abstimmung von der Masse abzuheben. Wie bei den Fotos im Weißraum. Das Ende zeigt, dass man es dort auch ziemlich bunt treiben kann.

Neue Aspekte an der Farbe Weiß zu entdecken, ist schwierig. Vor allem, wenn man sich täglich intensiv mit ihr befasst. Trotzdem staunen die sechs Kollegen, als sie das Außenlager in Zuffenhausen betreten. Wo säckeweise Pigmente und Halbfabrikate auf die Weiterverarbeitung warten, finden die Lackexperten einen Mikrokosmos ganz in Weiß. Willkommen im Wörwag-Küchenstudio. Fläche: drei mal vier Meter. Höhe: 2,60 Meter. Eine Zimmerkulisse, entstanden in viertägiger Arbeit, und nun Bühne eines außergewöhnlichen Fototermins.

Dreißig Sprühdosen und weitere zwanzig Liter Farbe waren nötig, um den Raum samt hundert Alltagsgegenständen zu verwandeln – vom Besteck über die Kelle bis zum Obstkorb, vom angebissenen Brot über die Pizza bis zur Gießkanne. Selbst Vorhänge, Teppich und Pflanzen strahlen in Weiß. Sogar die ohnehin weiße Ware erhielt fürs Foto einen neuen Anstrich, ob Waschmaschine, Geschirrspüler, Kühlschrank, Mikrowelle oder Heizkörper. Zu guter Letzt: die Darsteller. Alle tragen weiß. Nun ist der Eindruck perfekt. Weiß, wohin man blickt.

Nach acht Stunden hatten unsere Fotomodelle genug von Weiß. Schließlich kann Wörwag auch richtig bunt. Mit Feuereifer bewarfen sich die Kollegen nach der strengen Choreographie des Fotografen Rafael Krötz mit wasserlöslichen Fingerfarben.

Weiß lastet aus

„Ich mag Weiß“, verrät Sonja Cramer, die bei Wörwag im Labor an Pulverlacken für Innenräume arbeitet. „Aber so habe ich das noch nie erlebt. So habe ich mir das auch nicht vorgestellt. Das ist ja richtig cool.“ Auch ihre Kollegin Annett Schräpler zeigt sich begeistert: „Hier mitzumachen ist toll. Das hat was mit Kunst zu tun.“ Auch wenn sich die Beteiligten täglich mit dem unbunten Farbton befassen, ist ihnen das Eintauchen in die weiße Traumwelt eine willkommene Abwechslung.

Weiße Ware spielt bei Wörwag eine große Rolle. Hergestellt wird der dafür benötigte Pulverlack im Werk in Renningen. Aber Weiß ist nicht gleich Weiß. Dr. Peter Moritz setzt auch hier auf die Wörwag-Stärken. „Mit Qualität heben wir uns von anderen ab“, betont der Geschüftsführer, der sich für die Aufnahmen ebenfalls in weiße Kleidung warf. „Verschüttet man in der Küche auf einer weiß beschichteten Oberfläche heißes Fett, ist diese hinterher mit hoher Wahrscheinlichkeit gelblich verfärbt. Unsere Lacke sind da robuster.“

Thorsten Bollinger hat ein besonderes Verhältnis zu Waschmaschinen. Seit fünf Jahren kümmert sich der Marktmanager um weiße Ware. ©Rafael Krötz

Thorsten Bollinger hat ein besonderes Verhältnis zu Waschmaschinen. Seit fünf Jahren kümmert sich der Marktmanager um weiße Ware. Die muss übrigens keineswegs immer weiß sein. Für gewerbliche Waschmaschinen liefert Wörwag meist Silberlack.

„Weiß ist bei weißer Ware kein ungebrochener Trend, sondern die einfachste Lösung.“ Thorsten Bollinger

Symbol für Reinheit

Im Weißraum stellt sich Marktmanager Thorsten Bollinger neben die Waschmaschine. Seit fünf Jahren ist der gelernte Industriemechaniker und Handwerksmeister zuständig für Haushaltswaren und Gebäudeausstattung. Ein Markt, der vorwiegend weiß ist. Schließlich vermittelt die Farbe Sauberkeit und Reinheit. Neben Küchengeräten fallen darunter auch Heizkörper und Boiler. „Weiß ist kein ungebrochener Trend, sondern die einfachste Lösung. Denn es ist neutral“, erklärt der 48-Jährige. Zudem werden dadurch Kosten gespart. Bei farbigen Lackierungen müssen auch Kunststoffteile in den entsprechenden Farben gefertigt werden. Viele verschiedenfarbige Kunststoffteile sind teurer, als wenn große Stückzahlen in weiß lackiert werden. Zudem müssen Lackieranlagen auf Mehrfarbenbetrieb umgestellt werden.

Annett Schräpler aus dem Labor für Innenraum- Pulverlacke jongliert mit der Milchtüte aus dem Kühlschrank. ©Rafael Krötz

Annett Schräpler jongliert mit der Milchtüte aus dem Kühlschrank. Die Mitarbeiterin aus dem Labor für Innenraum-Pulverlacke beweist beim Fotoshooting Fangsicherheit.

Obwohl es sich bei weißem Pulverlack um ein Massenprodukt handelt, sind die Anforderungen hoch und variieren je nach Verwender und Produkt.

Der Lack einer Waschmaschine muss beispielsweise gegen Lauge beständig sein. Heizkörper dürfen dagegen nicht vergilben. Dunstabzugshauben und Herde müssen heißes Fett aushalten. Premiumhersteller wie Miele verlangen außerdem zusätzliche Belastungstests. Geprüft wird beispielsweise, wie oft ein Wäschekorb aus Kunststoff unterhalb des Bullauges am Lack schrammen kann, bevor man die Spuren sieht. Oder: Wie oft darf beim Befüllen der Waschmaschine der Reißverschluss einer Jeans an den Lack stoßen? Bei einer prognostizierten Haltbarkeit von fünfzehn Jahren kommen etliche solcher Minikollisionen zusammen.

Für das Labor sind solche Anforderungen Alltag. „Vor allem größere Kunden wollen einen Qualitätsanbieter, der in der Lage ist, den Lack ihren Wünschen anzupassen“, bestätigt Teamleiterin Regina Neubauer. Was das in der Praxis heißt, weiß Laborant Stefan Lutzei. Bei ihm und seinen Kollegen landen regelmäßig Kunststoffvorlagen oder Bleche, deren Farbton sie dann auf Pulverlack übertragen.

„Wir entwickeln einen Farbton komplett neu oder passen ihn an – maßgeschneidert für jeden Kunden“, so Lutzei. Auch hier steckt der Teufel im Detail. Dazu Lutzeis Kollegin Cramer: „Unter anderem kommt es auf die Verarbeitung beim Kunden an. Pulverlacke müssen wir zum Beispiel auf den Ofentyp einstellen.“ Ein Elektroofen kann zu einem anderen Ergebnis führen als ein mit Gas betriebener. Beherrscht man das Verfahren, erweisen sich Pulverlacke nach wie vor als hocheffizient und umweltfreundlich.

Sonja Cramer und Stefan Lutzei teilen sich für das Fotoshooting die weisse Küche. ©Rafael Krötz

Sonja Cramer und Stefan Lutzei sind noch am Organisieren. Wer muss den Geschirrspüler ausräumen? Die Kollegen aus dem Labor für Innenraum-Pulverlacke haben sich schnell geeinigt: Erst ausräumen, dann frühstücken.

„Wir entwickeln einen Farbton komplett neu oder passen ihn an – maßgeschneidert für jeden Kunden“, Stefan Lutzei.

Aus Erfahrung weiß

Weiße Ware hat bei Wörwag Tradition. Den Kunden BSH (Bosch-Siemens-Hausgeräte) in Traunreut beliefern die Lackspezialisten seit seinen Anfängen als Siemens-Elektrogeräte AG Ende der Fünfzigerjahre. Seit 1980 ist Wörwag über einen Zulieferer an der Herstellung pulverbeschichteter Teile für BSH beteiligt, seit 1998 bezieht das Unternehmen Pulverlacke von Wörwag. Diese kommen heute in den internationalen BSH-Herdwerken in der Türkei, Griechenland, China und Spanien zum Einsatz.

Ein wichtiger Kunde ist die Firma Liebherr, die in ihren Werken in Ochsenhausen (Deutschland) und Lienz (Österreich) Produkte von Wörwag seit 35 Jahren einsetzt. Mit einem maßgeschneiderten Polyester-Epoxid-Pulverlack liefert Wörwag das typische Liebherr-Weiß.

Alberto Elliott, Mitarbeiter in der Pulverlack-Produktion im Werk Renningen, schmunzelt über den Platz an der weißen Mikrowelle, den ihm der Zufall für das Fotoshootings bescherte. ©Rafael Krötz

Alberto Elliott schmunzelt über den Platz an der weißen Mikrowelle, den ihm der Zufall bescherte: „Pizza Alberto ist fertig!“ Im Alltag arbeitet er in der Pulverlack-Produktion im Werk Renningen – und trägt dabei selten weiße Kleidung.

„Auch bei großen Mengen an weißem Pulver muss die Qualität stimmen. Deshalb wird sie schon während der Herstellung ständig geprüft.“ Alberto Elliott

Produktion im Mehrschichtbetrieb

Seit zwölf Jahren trägt auch ein speziell entwickelter Pulverlack, ein extrem robuster Überzug aus Polyurethanharz, zum Erfolg bei. Mehrere Tausend Tonnen Pulverlack verlassen pro Jahr das Werk, bei Weiß oft in großen Chargen von bis zu 30 Tonnen. „Die produzieren wir am Stück in einem Mehrschichtbetrieb“, erklärt Alberto Elliott aus dem Pulverwerk Renningen. „Auch bei großen Mengen muss die Qualität stimmen. Deshalb wird sie schon während der Herstellung ständig geprüft.“

Die Wörwag-Kollegen lieben Weiß, sind aber manchmal froh, dass es noch andere Farben gibt. Cramer: „Mal Rot oder Blau zu entwickeln, ist da natürlich eine willkommene Abwechslung.“ Das bestätigt auch Lutzei, der sich kürzlich bei der Abstimmung des Pulverlacks für einen grünen Kühlschrank am Etikett einer Bierflasche orientierte. Und da den Mitarbeitern einer Lackfabrik die Vorliebe für Farben in den Genen liegt, trieben es die Wörwag-Kollegen am Ende der Fotosession ziemlich bunt.

Manche mögen's Weiß: Dr. Peter Moritz beim Fotoshooting. ©Rafael Krötz

Dr. Peter Moritz konnte seinen Einsatz kaum erwarten. Gerne taucht der Wörwag-Geschäftsführer ein in die weiße Welt. Auch Heizkörper sind fast immer weiß. Das Exemplar unter dem Fenster auf dem Bild blieb allerdings kalt. Unter den Scheinwerfern des Fotografen war es heiß genug.

Text: Michael Thiem

Fotos: Rafael Krötz