„Es gibt keine Skala, auf der Chromeffekte gemessen werden“, Michael Fiedler.
Möglichkeiten ausgereizt
Wie so oft bei Wörwag entstand die Produktidee im Gespräch unter Kollegen. Der zehn Jahre alte Vorgänger des Lacks hatte unter den Entwicklern kaum noch Fans. Alexander Kiraly aus Fiedlers Team nahm sich des Themas begeistert an. „Wir wollten uns vom Wettbewerb abheben und dachten: Technisch ist da noch Luft nach oben“, erinnert er sich. 2013 präsentierten die beiden den neuen Lack der Geschäftsführung. Die gab grünes Licht. Fiedler: „Wir haben die Technik jetzt ausgereizt. Mehr Chromeffekt im Lack geht nicht.“
Das Prinzip klingt simpel: Massig Aluminiumpigmente ins Lackpulver geben, die beim Einbrennen an die Oberfläche schwimmen und den Spiegelglanz erzeugen. Doch die Tücke steckt auch hier im Detail. Zum Beweis fährt Fiedler mit dem Daumen über eine Probe im Spielkartenformat: „Hier wird es knifflig. Die Fingerabdrücke bekommt man nicht mehr weg.“ In der Tat, je eifriger man wischt, desto schlimmer werden die Schlieren. Darum erhält der Chromlack am Ende eine klare Schutzschicht. Der neue Klarlack ist dünner und brillanter als der alte, verläuft besser und hält Schmutz ebenso gut ab.
„Wir experimentieren hier mit rund zweihundert Rohstoffen“, so Fiedler.
Mit Hochspannung aufs Blech
Den Unterschied demonstriert Fiedler an einem Heizkörper. Darin sieht er ein Haupteinsatzfeld des Lacks, auch wenn den Möglichkeiten kaum Grenzen gesetzt sind. Sie reichen von Bürogeräten wie dem Locher auf Fiedlers Schreibtisch über Fahrräder bis zum Innenraum von Luxuskarossen. Vielversprechend klingt auch die Verchromung von Schulmöbeln.
„Unser Chromlack könnte Klassenzimmer aufpeppen. Aus unserer Sicht einer der interessantesten Märkte“, findet Fiedler – davon überzeugt, der ganze Entwicklungsaufwand werde sich lohnen. Der Chefentwickler führt durch die Laborräume. In einem stapeln sich unzählige Dosen. „Wir experimentieren hier mit rund zweihundert Rohstoffen“, so Fiedler. Damit der Lack beim Auftragen einen homogenen Farbeindruck ergibt, werden seine Zutaten nicht in Pulverform gemischt, sondern zunächst verflüssigt, verschmolzen und zu einer Platte gewalzt.
Nach dem Erstarren wird diese zu Pulver mit einer Korngröße im zweistelligen Mikrometer-Bereich gemahlen. Fiedler steht am „Schießstand“, bewaffnet mit einer Pulverpistole. Die Spitze der Düse, mit der er den Chromlack gleich auf ein Blech sprühen wird, ist mit mehreren Zehntausend Volt aufgeladen. Die Luft vibriert, der Lack legt sich aufs Blech. Beim Einbrennen wandern die Aluminiumpigmente an die Oberfläche. Zufrieden lächelt Fiedler in sein Spiegelbild.
Michael Fiedler
arbeitet seit 2000 bei Wörwag. Er hat in Reutlingen Chemie studiert, ist Experte für Pulverlacke, deren Entwicklung er seit 2010 leitet. „Besonders reizen mich Projekte in der Automobilbranche“, verrät der 45-Jährige. „Daher rührt auch meine Begeisterung für Chromeffekte.“
Text: Sascha Maier
Foto: Jadwiga Galties