Achim Gast, technischer Geschäftsführer bei Wörwag „Nachhaltigkeit beginnt bei den Mitarbeitern“

„Nachhaltigkeit beginnt bei den Mitarbeitern“

Der neue technische Geschäftsführer Dr. Achim Gast erklärt, wieso eine nachhaltige Unternehmenspolitik auch in neuen Märkten einen wichtigen Faktor für wirtschaftlichen Erfolg darstellt.

„Die Produkte ‚made in China‘ weisen dieselben Qualitätsmerkmale auf wie die Materialien ‚made in Germany‘.“ Dr. Achim Gast

Herr Dr. Gast, Sie haben sich für einen Wechsel von einem großen Konzern zu einem Familienunternehmen entschieden. Was ist für Sie der größte Unterschied zwischen den beiden?
Dr. Gast: Das ist sicher die Atmosphäre im Unternehmen. Hier bei Wörwag habe ich schon von der ersten Minute an gespürt, dass die Menschen im Vordergrund stehen.

Hatten Sie das so erwartet?
Ich wusste, dass die persönliche Wertschätzung jedes einzelnen Mitarbeiters einer der wichtigen Unternehmenswerte ist. Entscheidend ist, diesen Wert mit Leben zu füllen. Bei Wörwag geschieht das jeden Tag. Daher ist mir das Einleben auch so leicht gefallen.

Haben Sie ein Beispiel für diese Wertschätzung?
Bereits in meiner ersten Arbeitswoche konnte ich mich davon überzeugen. Schon zehnjährige Jubiläen werden mit den Kollegen und Vorgesetzten gefeiert. Man freut sich gemeinsam. Das ist zwar nur eine kleine Geste, aber sie unterstreicht die Kultur der persönlichen Wertschätzung durch das Unternehmen. Sie müssen wissen, Wörwag hat eine vergleichsweise hohe Zahl langjähriger Mitarbeiter und eine ständig wachsende Belegschaft. Nachhaltigkeit beginnt bei den Mitarbeitern. Wörwag möchte seine Angestellten sowohl durch individuelle Förderung als auch durch das Angebot einer langfristigen Perspektive dauerhaft an das Unternehmen binden. Das gilt für jeden unserer Standorte – auch für China.

„Nachhaltigkeit ist keine Marketingspielerei sondern eine ernstzunehmende Forderung, die sowohl unsere Kunden als auch die Gesellschaft an uns stellt.“ Dr. Achim Gast

Gelingt das auch in einem Markt wie China, auf dem qualifizierte Mitarbeiter sehr umworben werden?
Ja, selbst in China haben wir bereits eine große Zahl von Kollegen, die für chinesische Verhältnisse schon sehr lange für uns tätig sind. Einige sind sogar seit der Gründung der Tochtergesellschaft dabei. Um langfristig in diesem Markt erfolgreich zu sein, braucht man eine gute und stabile lokale Mannschaft.

Ist die mit der Erschließung neuer Märkte verbundene notwendige Vermittlung von Know-how nicht eine der größten Herausforderungen?
Das ist sie in der Tat. Nur mit einem gut ausgebildeten Team können wir langfristig wirtschaftlich erfolgreich sein. Daher setzt Wörwag auch in Zukunft auf eine intensive Qualifikation der Kollegen an den verschiedenen Standorten. Viele kommen sogar für spezielle Schulungen nach Stuttgart, denn die Anwendung besonderer Technologien muss gezielt trainiert werden, um in China oder in anderen Ländern die gewohnte Wörwag-Qualität bieten zu können. Die Produkte „made in China“ weisen dieselben Qualitätsmerkmale auf wie die Materialien „made in Germany“.

Welche Rolle spielen dabei Innovationen?
Innovationen helfen uns und unseren Kunden, langfristig wettbewerbsfähig zu sein. Darum ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir uns kontinuierlich die Frage stellen, wie wir diesen Vorsprung in unseren strategischen Geschäftsfeldern halten und weiter ausbauen können. Aktuelle Innovationen im Bereich der Folienbeschichtung sind da nur ein Beispiel.

Setzen Sie bei nachhaltiger Entwicklung allein auf innovative Produkte?
Nein, solche Produkte gehören zwar dazu, aber sie sind nur ein Teil unseres Gesamtkonzeptes. Auch zum Beispiel nachhaltig optimierte Fertigungsprozesse bei unseren Kunden, die wir über speziell zugeschnittene Serviceangebote unterstützen, gehören dazu.

„Künftig wird unsere besonders umweltfreundliche Folientechnik stärker gefragt sein.“ Dr. Achim Gast

Wörwag beschreibt in China einen ungewöhnlichen Weg der Markterschließung. Warum hat man sich für eine Tochtergesellschaft entschieden und nicht zunächst wie viele Wettbewerber auf ein Joint Venture gesetzt?
Eine hundertprozentige Tochter zu gründen, ist wahrscheinlich der aufwendigste Weg, den ein Unternehmen in China gehen kann. Aber er zeigt, dass Wörwag nicht den einfachsten, sondern einen konsequenten und zielgerichteten Weg geht. Eben den Wörwag-Weg.

Gibt es weitere Beispiele dafür, wo und wie man künftig im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit den Hebel ansetzen könnte?
Hier möchte ich den Trend zur Elektromobilität anführen. Der damit verbundene vermehrte Einsatz von Kunststoffen im Automobilbau wird mit Sicherheit dazu führen, dass hier künftig unsere besonders umweltfreundliche Folientechnik stärker gefragt sein wird. Vielleicht wird sogar durch die Anlieferung von fertig beschichteten Modulen die Lackiererei teilweise überflüssig. Wir werden uns zusammen mit den Experten der Automobilhersteller und ihren Zulieferern sowie unseren eigenen Ingenieuren mit diesen Technologien der Zukunft beschäftigen.

Ist nachhaltiges Handeln auch für die Kunden ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl der Lieferanten?
Nachhaltigkeit ist keine Marketingspielerei sondern eine ernstzunehmende Forderung, die sowohl unsere Kunden als auch die Gesellschaft an uns stellt. Für unsere Arbeit im Bereich der Lacke und Farben bedeutet dies eine verstärkte Nachfrage nach umweltfreundlichen und ressourcenschonenden Produkten und Prozessen. Denn nachhaltige Lösungen sind meist auch auf lange Sicht die kostengünstigeren Alternativen. Sie unterstützen unsere Kunden in ihrer Wettbewerbssituation und Wörwag verhilft dies im besten Fall zu einer dauerhaften Kundenbeziehung. Sie sehen, nachhaltiges Handeln steht bei Wörwag in allen Bereichen des Unternehmens stets im Vordergrund.

Dr. Achim Gast

Jahrgang 1962, verheiratet, zwei Söhne.
Karriere: Diplom-Chemiker, seit 1. Juli 2013 technischer Geschäftsführer bei Wörwag, zuvor mehr als 20 Jahre beim Lackhersteller BASF Coatings in verschiedenen leitenden Funktionen im Bereich der Automobilserien- und Industrielackierungen tätig.

Interview: Michael Thiem

Foto: Jos Schmid