Blum: umweltschonende Lacke für die Möbelbeschläge Erfolgsprinzip Schubladendenken

Erfolgsprinzip Schubladendenken

Bei Julius Blum ist Schubladendenken kein Vorwurf, sondern Prinzip. Der Hersteller von Möbelfunktionsbeschlägen hat zahlreiche innovative Lösungen entwickelt, die aus der Küche kaum mehr wegzudenken sind.

Wer die Güte einer Sache erkennen möchte, muss gewöhnlich unter deren Oberfläche schauen. Genau dort beginnt die Welt der Firma Julius Blum aus Höchst im österreichischen Vorarlberg. Es ist eine Welt der Beschläge — der Schubladen, Klappen, Türen. Eine Welt der Bewegung. Und Blum ist in dieser Disziplin ein Meister. Wohnbereiche, vor allem aber Küchen, sind das Terrain, auf dem das 1952 vom gelernten Wagen- und Hufschmied Julius Blum gegründete Unternehmen zuhause ist.

Fast sechzig Jahre liegen zwischen dem ersten Möbelbeschlag, dem Anuba-Band, und der Legrabox, einem eleganten Boxsystem. In dieser Zeit ist Blum vom Kleinbetrieb zum weltweit agierenden Konzern mit 1,4 Milliarden Euro Jahresumsatz und rund 6 400 Beschäftigten aufgestiegen.

Verborgener Weltmeister

Mit seinen innovativen Produkten zählt Blum zu den „Hidden Champions“. Damit sind Unternehmen gemeint, die in ihrer Branche als Weltmarktführer gelten, ohne dass dies allgemein bekannt wäre. Blum ist so ein Weltmeister, ein Champion der Beschläge, der über äußerst engagierte Tüftler verfügt. Einen entscheidenden Erfolgsfaktor sieht Gerhard Blum, der das Unternehmen zusammen mit seinem Bruder Herbert in zweiter Generation leitet, in der ständigen Entwicklung neuer Produkte, die sich an den Wünschen der Kunden orientieren.

Aus der Beobachtung von Nutzern auf der ganzen Welt entstehen Ideen für praktische Küchen: von der Führung, auf der Schubladen zu schweben scheinen, über das Boxsystem, das den Zugriff bis in die hinterste Ecke erleichtert, bis zum leise schließenden Scharnier für Türen und zur komfortablen Klappe im Oberschrank.

Mit Elektroantrieb ausgestattet, öffnen Schubkästen, Auszüge und Klappen durch bloßes Antippen.

Mit einem Dämpfungssystem, das Auszüge, Klappen und Türen sanft und leise schließen lässt, gewann Blum 2013 den europäischen Erfinderpreis, die in Europa renommierteste Auszeichnung für Innovatoren.

In Forschung und Entwicklung fließen bei Blum jährlich vier Prozent des Umsatzes. Weltweit hält das Unternehmen rund 1 200 Schutzrechte. Allein 2013 erteilte das österreichische Patentamt dem Beschlaghersteller 52 Patente und Gebrauchsmuster. Im Erfinder-Ranking der Alpenrepublik liegt Blum damit an zweiter Stelle.

Ein weiterer Erfolgsbaustein ist der Ausbau der weltweiten Marktorganisation. Rund um den Globus sind seit 1977 knapp dreißig Tochtergesellschaften entstanden, in Deutschland, den USA, Brasilien, Neuseeland, China. Über 120 Märkte werden beliefert.

Das Rückgrat ist und bleibt indes die vorarlbergische Heimat, sieben Werke liegen in Höchst und Umgebung. Die Gründe: gute Fachkräfte, gute Infrastruktur, gute Partner. Vorzüge, die ein Familienunternehmen besonders schätzt — ebenso wie die Qualität und Verlässlichkeit der Zulieferer.

Seit bald vierzig Jahren zählt Wörwag dazu. „Ein sehr engagierter und kompetenter Partner, mit dem wir schon viele Produkte entwickelt oder optimiert haben“, bestätigt Albert Kaufmann (Qualitätssicherung bei Blum). Als Experte in der Entwicklung von Oberflächen mit hohem Schutz, Spezialeffekten und Lacken liefert Wörwag Pulverlacke für Zargen, Schienen und Rückwände von Auszugsystemen wie Metabox, Tandembox und die Neuentwicklung Legrabox.

Seit 1977 sind knapp 30 Tochtergesellschaften rund um den Globus entstanden. Mehr als 100 Märkte werden beliefert.

Blum setzt keine Flüssiglacke ein, sondern verwendet ausschließlich Pulver. „Matte, unbunte Farbtöne wie Sandsilber, Palladiumgrau oder Carbonschwarz sind gefragt“, weiß Regina Neubauer, Leiterin des Kundenlabors. Knalliges ist den Fronten der Möbel vorbehalten.

Das Innenleben muss vor allem funktional und robust sein. Hier kommt es auf Eigenschaften wie Kratz-, Abriebund Korrosionsbeständigkeit an, die Wörwag stetig weiterentwickelt. „Vor allem bei glatten, dunklen Oberflächen ist dies schwierig“, ergänzt Yvonne Brand, die bei Wörwag die Entwicklung dekorativer Pulverlacke leitet.

Einem Unternehmen wie Blum, das auf ein verantwortliches Handeln gegenüber der Natur großen Wert legt, ist auch die Verbesserung der Energieeffizienz etwa durch Verringerung der Einbrenntemperatur der Lacke wichtig: „Wir sind überzeugt, dass sinnvolles ökologisches Verhalten langfristig wirtschaftlich ist. Deshalb versuchen wir, in möglichst vielen Teilbereichen unserer Tätigkeit Maßnahmen zur Schonung der Umwelt umzusetzen“, heißt es im Leitbild.

Schon seit Jahrzehnten verbessert die Firma konsequent ihre Energiebilanz etwa durch Wärmerückgewinnung, Isolierung der Gebäude, Leitsysteme, Grundwasserkühlung und sparsame Beleuchtung. Über einen werkseigenen Bahnanschluss in Dornbirn verlagert Blum einen wesentlichen Teil des Liefervolumens von der Straße auf die Schiene. So wundert es nicht, dass man Ende letzten Jahres auch einen Besucher zu beeindrucken wusste, der im Laufe seines Lebens schon viele Unternehmen kennengelernt hat: den deutschen Altkanzler Gerhard Schröder. Sein Fazit: „Was ich bei Blum vorgefunden habe, ist vorbildlich. Das muss man mit Respekt sagen.“

Yvonne Brand, Leiterin Entwicklung dekorative Pulverlacke

Yvonne Brand

leitet seit Mai 2011 die Entwicklung dekorativer Pulverlacke unter anderem für Möbel und Hausgeräte. An ihrer Arbeit schätzt sie vor allem die große Abwechslung: „Zum einen stehe ich jeden Tag vor der Herausforderung, neue Produkte zu entwickeln, zum anderen koordiniere ich als Führungskraft die einzelnen Projekte.“

Text: Alexander Günzler

Fotos: Julius Blum GmbH, Boris Schmalenberger